Worum es geht.
Ich bin arbeitslos. Nicht, weil ich schlecht gearbeitet hätte oder weil meinem Arbeitgeber die Arbeit ausgegangen wäre, sondern weil ich nach fast sechs Jahren als Vertretung möglicherweise ein Recht auf eine Festanstellung erworben hatte. Und weil mein Arbeitgeber dieses Risiko nicht eingehen wollte, hat er nach vierundzwanzig Verträgen, durch die mein Arbeitsverhältnis verlängert oder verändert worden war, unsere Zusammenarbeit beendet.

Vierundzwanzig Verträge in knapp sechs Jahren, das bedeutete, daß ich mich im Schnitt alle drei Monate auf eine neue Situation einstellen mußte. Es bedeutete auch, daß ich in dieser Zeit weder ein Haus gebaut, noch einen Baum gepflanzt oder gar Kinder gezeugt habe. Das haben die Kolleginnen getan, die ich während ihrer Schwangerschaften vertreten habe.

Natürlich bin ich mit dieser Arbeitssituation nicht zufrieden gewesen. Lieber heute als morgen hätte ich etwas anderes gemacht, etwas aus meinem ursprünglichen Beruf. Aber der Zug war schon abgefahren, ehe ich mein Studium beendet hatte. So arbeitete ich - wieder einmal - in einem Bereich, für den ich eigentlich nicht qualifiziert war.

Habe ich nicht ahnen können, daß man sich meiner ohne Umstände entledigen würde, sollte ich entbehrlich werden oder sich andere Probleme auftun? Doch, das konnte ich. Dennoch hegte ich die Hoffnung, mich durch meine Leistungen und durch mein Engagement für eine dauerhafte Anstellung zu empfehlen. Denn auch das war mir klar: Sollte ich diesen Job einmal verlieren, so würde ich mich durch diese Tätigkeit so ins Abseits manövriert haben, daß es nahezu aussichtslos sein würde, irgendeine neue Tätigkeit zu finden.

Die Beiträge dieses Blogs sollen nachhzeichnen, wie es mir nach meiner Freisetzung ergangen ist.




abenteuer familie am 20.Jul 15  |  Permalink
Hallo kleindorff,
es ist unglaublich was Arbeitgeber sich gelegentlich herrausnehmen.
Ich selbst bin bei meinem Arbeitgeber seit knapp 2 Jahren. Anfangs hatte ich einen Jahres Vertrag, danach habe ich einen Unbefristeten bekommen.
Ich wollte eine Familie gründen, habe es auf meiner Arbeit nicht bekannt gemacht....
Nun werde ich entlassen, weil ich angeblich nicht ins Konzept passe. Die Kündigung habe ich natürlich noch nicht schriftlich, bin ja mal gespannt was drin steht.
Ich bin in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis und trotzdem soll ich entlassen werden.
Ich drücke dir die Daumen und Kopf hoch !

kleindorff am 23.Jul 15  |  Permalink
Hallo abenteuer familie,
danke für Deinen Kommentar. Als Arbeitsloser trifft man naturgemäß auf andere Arbeitslose, sei es beim Amt oder einer der beliebten Maßnahmen zur Ertüchtigung für den Arbeitsmarkt. Die Geschichten, die ich dabei gehört habe, sind sich unglaublich ähnlich: Unter dem Diktat einer auf Effizienzsteigerung getrimmten Ökonomie bleiben Menschen auf der Strecke, die über reiches Wissen, vielfältige Kompetenzen und langjährige Erfahrung verfügen. Menschen also, die jeder Arbeitgeber als Mitarbeiter schätzen sollte, die aber aussortiert werden, weil alles irgendwie zu teuer ist und von weniger und schlechter qualifizierten Arbeitskräften ebensogut erledigt werden kann.

Wenn man dann aber in einem Raum mit fünfzehn anderen Arbeitslosen sitzt, die zusammengenommen 250 Jahre Ausbildung und mindestens ein Jahrhundert Berufserfahrung repräsentieren, dann fragt man sich, was in einer Gesellschaft schief läuft, die glaubt, auf dieses Potential verzichten zu können.

Was es für den Einzelnen (und sein Umfeld) bedeutet, auf diese Weise seiner Lebensgrundlage beraubt zu werden, kann nur ermessen, wer es selbst erlebt hat.

Ich wünsche Dir, daß Du schnell wieder einen neuen Arbeitsplatz findest - und Zeit bis dahin gut überstehst!